Page 19 - InsiderKrefeld Ausgabe 03_03
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                  Dr. Thomas Lauer
Man könne in Veränderungsprozessen gar nicht zu viel kommunizieren, betont auch Joerg Dederichs. Es komme eigentlich nie vor, dass Menschen in Veränderungsprozes- sen sagen: „Es wurde zu viel kommuniziert.“ Das Gegenteil sei der Fall. „Eher hört man den Vorwurf, in Veränderungsprozessen werde zur wenig miteinander geredet.“ Change Management muss seiner Auffas- sung nach immer mit dem „Warum“ starten. „Warum ist die geplante Veränderung notwendig, warum ist sie gut, warum ist der Soll-Zustand besser als der Ist-Zustand?“ Zu viele Veränderungsprozesse stellten das „Was“, „Wie“ oder „Wann“ in den Vorder- grund. Aber das „Warum“ sei entscheidend, wenn man Menschen für den Transforma- tionsprozess gewinnen wolle.
Change Manage-
ment birgt, bei
allen Chancen, also
auch Stolperfallen.
„Viele Unternehmen
haben kostspielige
fehlgeschlagene
Veränderungs-
prozesse hinter
sich. Und das überzeugt am stärksten, dass Erfahrung und methodisches Know-how
für einen erfolgreichen Change-Prozess un- abdingbar sind“, sagt Jennifer Nebeling von Tarcus im Forstwald. Die Unternehmensbe- ratung hat sich nach eigenen Angaben schon vor 30 Jahren auf dieses Thema speziali- siert. Change erfordere viel „handwerk- liche“ Erfahrung, meint Jennifer Nebeling: „Wie werden Change-Prozesse aufgebaut? Welche neuen Strukturen und Prozesse funktionieren? Wie gewinne ich das Team?“ Das Management sei meist schnell über- zeugt, dass es für eine gelungene und ak- zeptierte Implementierung hilfreich ist, die Belegschaft schon an der Entwicklung von Lösungen zu beteiligen. „Das ist inzwischen Basiswissen auf der Führungsebene.“
Die Herausforderung sei es aber, dies mit Leben zu füllen. „Denn faktisch heißt das: Gebt etwas aus der Hand, liebe Führungskräfte! Nutzt das Potenzial eurer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter! Lasst euch auf neue Lösungsansät- ze ein!“ Genau das aber falle vielen Führungs- kräften noch nicht leicht. Und auch die einzelnen
Beschäftigten „schwimmen“, so die Berate- rin, „wenn sich ihnen die Freiheit der Mit- gestaltung plötzlich eröffnet“. Beispiel: „Ein Gruppenleiter, der seit zwei Jahrzehnten für das reibungslose Funktionieren von fünf Maschinen und zehn Maschinenbedienern zuständig war, wird sich schwertun, auf ein- mal über strategische Themen des Unter- nehmens nachzudenken.“
Gar nicht zu überschätzen ist ihr zufolge eine klare Unternehmensausrichtung. „Fehlt diese, ist jede Richtungsentscheidung beliebig.“ Hinzu komme die sogenannte „Strategy Enabling Culture“, eine Unterneh- menskultur, die die strategische Ausrich- tung unterstützt und langfristig trägt. „Sie entscheidet über Erfolg und Misserfolg des
Unternehmens. Auch hier wieder ein Beispiel: „Nehmen wir an, Sie sind Ge- schäftsführer eines Technologieunter- nehmens und haben das strategische Ziel, das innovativs- te Unternehmen der
Branche zu werden. Im selben Atemzug gibt es jedoch eine gering ausgeprägte Fehler- akzeptanz in Ihrem Unternehmen, und das Eingehen von Risiken wird auch nicht gern gesehen. Dann bleibt der geplante Change- Prozess über kurz oder lang stecken – und es lag nicht an der falschen strategischen Ausrichtung.“ Die Art und Weise, Entschei- dungen zu treffen, mit Fehlern und Risiken umzugehen und Zusammenarbeit zu ge- stalten, „setzt die Segel für eine erfolgreiche oder weniger erfolgreiche Transformation“. Damit die PS aus Strategie und Kultur schließlich auf die Straße kommen, sei dann die zentrale Steuerung aller Change-Pro- jekte durch einen Change-Manager oder ein Projektbüro erfolgskritisch.
Jennifer Nebeling
Ihr Eindruck ist: „Nie war Change Ma- nagement so dringend notwendig und so akzeptiert wie gerade jetzt.“ Der Hinter- grund ist klar: Pandemie und Ukraine-Krieg setzen die Wirtschaft enorm unter Druck. Fast alle Branchen stehen vor erheblichen, teilweise existenziellen Veränderungen. „Das Bewusstsein wächst, dass die vor uns liegende Zeit kein Change-Sprint, sondern ein Change-Marathon sein wird. Umso lau- ter wird der Ruf, die anstehenden Verände- rungsprozesse sorgfältig zu managen.“ Mit Digitalisierung, Energiewende und E-Mo- bilität führt Joerg Dederichs drei weitere Stichworte ins Feld, die für „große Trans- formationsprozesse unserer Zeit“ stehen. „Gut gemachtes Change Management trägt dazu bei, solche Veränderungen schnell und erfolgreich umzusetzen“, ist er überzeugt.
 „Nie war Change Management so dringend notwendig und so akzeptiert wie gerade jetzt.“ Jennifer Nebeling Unternehmensberatung Tarcus
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Foto: TARCUS
Foto: Initiative bayerischer Untermain e. V.











































































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